Stellvertretung

ist geregelt in 164+ BGB

Stellvertretung bedeutet die Möglichkeit, dass ein Dritter eine Willenserklärung abgibt, die so wirkt, als ob man sie selbst abgegeben hätte. Das ist in vielen Situationen in der Praxis notwendig geworden. Man denke an Arbeitsteilung und Eltern für ihre geschäftsunfähigen Kinder.

Das Modell der Stellvertretung - Eine Dritte Person gibt eine Willenserklärung mit Wirkung für mich ab - tangiert allerdings die Privatautonomie. Es besteht nämlich die Gefahr, dass

  • der Dritte etwas tut, was ich so gar nicht wollte

  • und, dass derjenige mit dem er einen Vertrag für mich schließt gar nicht versteht, dass ich der Vertragspartner werden soll.

Um diese beiden Gefahren zu adressieren, knüpft das Gesetz (164 BGB) die Stellvertretung an zwei Voraussetzungen. Damit die Willenserklärung Wirkung für mich entfaltet, muss der Dritte:

  1. im Namen des Vertretenen handeln (-> dann weiß der andere nämlich wer sein Vertragspartner werden soll)

  2. und im Rahmen der Vertretungsmacht handeln (-> so wird der Vertretene geschützt, dass der Dritte nichts tut, was er nicht soll)

Die Stellvertretung ist in folgenden Fällen ausgeschlossen:

  • Bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften

  • Bei sittenwidrigem Zusammenspiel zwischen Vertreter und Dritten um Vertretenen zu schaden, 138 BGB

  • Bei sich sonstigem geradezu aufdrängenden Missbrauch, 242 BGB

Im Namen des Vertretenen

Im Namen des Vertretenen handelt, wer die Vertretung ausdrücklich kundtut oder wo es sich aus den Umständen ergibt.

Beispiel: An der Kasse im Supermarkt ergibt es sich aus den Umständen, dass man keinen Vertrag mit der Kassiererin, sondern mit dem Träger des Supermarkt schließt.

Es gibt aber auch Fälle, in denen es dem Dritten typischerweise gleichgültig ist, ob der Vertreter den Vertrag nun für einen Dritten abschließen will oder für sich selber. In diesen Fällen muss der Dritte auch nicht geschützt werden:

  • Bargeldgeschäfte des täglichen Lebens: Hier wird die Stellvertretung trotzdem ausgelöst; Offenkundigkeit ist hier nicht notwendig.

  • Handeln unter fremden Namen: Also ich handele nicht im Namen eines anderen sondern ich tue so, als ob ich der andere bin (Insbesondere relevant bei Logins im Internet, zB. Ich bestelle etwas online mit einem fremden Account).

    Ist es dem Dritten die Identität des Handelnden gleichgültig und will er einfach den Vertrag schließen mit der Person, die vor ihm steht, so muss er nicht geschützt werden.

    Kommt es dem Dritten aber sehrwohl auf die Identität des Handelnden an, kommt zunächst tatsächlich ein Vertrag zwischen dem Dritten und dem Namensträger zustande. Dieser ist schwebend unwirksam, soweit keine Vertretungsmacht bestand.

  • Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs unter Ehegatten (1357 BGB)

Im Rahmen der Vertretungsmacht

Vertretungsmacht

Vertretungsmacht kann entweder rechtsgeschäftlich erteilt werden, sich aus Gesetz oder Rechtsschein ergeben.

Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht

Der Grundfall der rechsgeschäftlich erteilten Vertretungsmacht ist die Vollmacht gemäß 166 II BGB. Einen bekannten Sonderfall bildet die Prokura, die im Kapitel Handelsrecht näher behandelt wird.

Wichtige gesetzliche Vertretungsmächte im Überblick:

Norm
Vertreter / Vertretene

1626, 1629 BGB

Eltern für ihre Kinder

26 II BGB

Vorstand für eingetragenen Verein

709, 714 BGB

Gesellschafter für GbR gemeinschaftlich

125 HGB

Gesellschafter für OHG einzeln

161 II, 125 HGB

Gesellschafter für KG einzeln

Vertretungsmacht kraft Rechtsschein

Eine Vertretungsmacht kann sich auch aus Rechtsschein ergeben. Gesetzlich geregelt sind 170-173 BGB und 15 HGB. Ungeschrieben aber anerkannt sind zudem Duldungs- und Anscheinscheinsvollmacht. Ihr vorliegen ist folgendermaßen zu prüfen:

  1. Rechtsscheinstatbestand -> Wiederholtes Auftreten des "Vertreters" als Vertreter.

  2. Der Rechtsschein ist dem Vertretenen zumindest auch zurechenbar:

    -> Als Duldungsvollmacht: Kenntnis + Untätigkeit des "Vertretenen"

    -> Als Anscheinsvollmacht: Fahrlässige Unkenntnis + Verhinderungsmöglichkeit des "Vertretenen"

  3. Gutgläubigkeit des Dritten: Der Dritte darf nicht wissen, dass der Scheinvertreter keine Vertretungsmacht hat, 173 BGB.

Im Rahmen

Der Vertreter muss natürlich auch innerhalb des Rahmens seiner Vertretungsmacht gehandelt haben, denn diese ist häufig beschränkt.

Die Vertretungsmacht kann zum einen rechtsgeschäftlich beschränkt werden.

Beispiel: Der Vertreter hat eine Vollmacht für 100€ bekommen. Kauft er dann für 500€ handelt er nicht mehr "im Rahmen" seiner Vertretungsmacht.

Zum anderen kann die Vertretungsmacht gesetzlich beschränkt sein. So verbietet 181 BGB sog. "Insichgeschäfte". Ein Insichgeschäft kann verschiedene Formen annehmen:

  • Verbot des Selbstkontrahierens: A(B) - B

  • Verbot der Doppelvertretung: A(B) - (B)C

  • Verbot von Umgehungsgeschäften: A(B) - (C)B

Genehmigung, 177 BGB

Gibt jemand ohne Vertretungsmacht oder nicht im Rahmen seiner Vertretungsmacht eine Willenserklärung für eine Person ab, so ist diese schwebend unwirksam, kann also noch nachträglich gem. 177 BGB genehmigt werden.


Haftung nach 179 BGB

Ein Vertreter ohne Vertretungsmacht kann dem Dritten gegenüber gemäß 179 BGB haften, wenn er dadurch einen Schaden erleidet, bspw. der gewünschte Vertrag doch nicht zustandekommt. Erforderlich ist also:

  1. Ein Vertreter ohne Vertretungsmacht, sprich ein Vertreter, der entweder ganz ohne Vertretungsmacht oder zumindest nicht im Rahmen seiner Vertretungsmacht und ohne nachträgliche Genehmigung (177 BGB) eine Willenserklärung abgegeben hat.

  2. Kausalität zwischen fehlender Vertretungsmacht und nicht zustandegekommem Vertrag

  3. Haftungsausschluss bei (1) Kenntnis des Dritten gemäß 179 III 1 BGB oder (2) bei einem Minderjährigen gemäß 179 III 2 BGB.

  4. Rechtsfolge: Erfüllung oder Schadensersatz

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