Störung der Geschäftsgrundlage

in 313 BGB geregelt | Ultima Ratio

Beispiel 1: A und B einigen sich über den Kauf eines Autos, dass Verkäufer B wie vereinbart noch aus dem Ausland beschaffen muss. In seiner Kalkulation rechnet B damit das Auto für 5.000€ im Ausland zu kaufen und für 10.000€ an A weiter zu verkaufen. Jetzt wird plötzlich ein Handelsembargo verhängt und B kann das Auto im Ausland nur noch für 15.000€ kaufen. A verlangt Übergabe und Übereignung. B verlangt einen höheren Kaufpreis.

Beispiel 2: A und B einigen sich anlässlich von Karneval über die Miete eines einzelnen Balkons in der Kölner Innenstadt. Nun wird Karneval wegen einer Pandemie abgesagt.

Anwendbarkeit (Subsidiarität)

Bevor man die 313 BGB prüft muss man zunächst feststellen, dass (1) Mängelhaftung (2) Unmöglichkeit nach 275 I-III BGB (3) Irrtumsanfechtung und (4) Auslegung des Vertrags nicht in Betracht kommen oder nicht weiterhelfen. Diese sind zu 313 BGB spezieller und damit vorrangig. 313 BGB ist somit die ultima ratio.

Voraussetzungen von 313 BGB

Störung der Geschäftsgrundlage des Vertrages

Erforderlich ist dafür zunächst ein konkreter Umstand (Abs. 1) oder eine bestimmte Vorstellung (Abs. 2), die Geschäftsgrundlage eines Vertrages geworden sind.

Eine Geschäftsgrundlage kennzeichnet sich dadurch, dass sie zumindest von einer Partei erkennbar vorausgesetzt wurden und auf deren Vorhandensein der Geschäftswille aufbaut, ohne dass diese Vertragsinhalt geworden wäre.

In einem zweiten Schritt verändern sich die konkreten Umstände dann schwerwiegend (Abs. 1) oder die bestimmten Vorstellungen stellen sich als falsch heraus (Abs. 2).

(zB. Unvorhersehbare Epidemien, Hyperinflationen, Naturkatastrophen oder Handelsembargos)

Der Vertrag würde bei Kenntnis dieser Umstände nicht oder nicht so geschlossen sein.

Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag

Erforderlich ist die Abwägung beider Interessen: Hat eine Partei das Risiko übernommen? Die Umstände dürfen nicht aus der Sphäre der Partei herrühren.

-> Allgemeines Lebensrisiko, Verkäuferrisiko, Verwendungsrisiko, Kursrisiko

-> Ausnahmen: Systemkrise -> Kein individuelles Problem (Insb. eben Epidemien, Naturkatastrophen etc)

Unzumutbarkeit ist folglich nicht gegeben, wenn es sich um einen Umstand handelt, der dem Risikobereich der Vertragspartei zuzuordnen ist.

Beispiel: Ein Bürge kann sich nicht vom Bürgschaftsvertrag über 313 I BGB lösen, wenn er nachträglich erfährt, dass der Hauptschuldner zahlungsunfähig ist – das gehört ja gerade zum Risiko des Bürgschaftsvertrags.

Rechtsfolgen von 313 BGB

  • Vorrangig: Vertragsanpassung (313 I BGB)

    -> Im Zweifel ist der Kaufpreis nach oben zu korrigieren oder der Erfüllungszeitpunkt ist nach hinten zu verschieben. Im Zweifel müssen die Lasten 50/50 verteilt werden.

  • Ultima Ratio: Rücktritt- bzw. Kündigungsrecht einer Partei (313 III BGB), wenn ihr eine Vertragsanpassung nicht zuzumuten ist.

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